Die Vorschriften der Landesbauordnung sehen zunächst Beteiligungsrechte des Nachbarn vor. In diesem Sinne räumt beispielsweise § 68 Abs. 1 S. 1 NBauO dem Nachbarn ein Akteneinsichtsrecht ein. Dieses Akteneinsichtsrecht versetzt den Nachbarn in die Lage, das Bauvorhaben zu überprüfen.
Darüber hinaus stehen dem Nachbarn auch Rechtsschutzmöglichkeiten zu. Wird eine Baugenehmigung erteilt, kann der Nachbar gegen diese Widerspruch nach § 68 VwGO einlegen. Sofern das Widerspruchsverfahren mit einem negativen Widerspruchsbescheid endet, kann die Baugenehmigung im Wege einer Anfechtungsklage verwaltungsgerichtlich angefochten werden (§ 42 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 VwGO).
Im Zusammenhang mit den Rechtsschutzmöglichkeiten sei darauf hingewiesen, dass sich ein Nachbar gegen die einem Dritten erteilte Baugenehmigung jedoch nur dann mit Aussicht auf Erfolg zur Wehr setzen kann, wenn diese Genehmigung noch nicht bestandskräftig geworden ist. Wird dem Nachbarn die Genehmigung zusammen mit einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung bekannt gegeben, ist eine Monatsfrist zu beachten. Im Übrigen wird eine Baugenehmigung regelmäßig ein Jahr nach der Kenntniserlangung des Nachbarn von der Genehmigung bestandskräftig. Im Einzelfall kann der Nachbar seine Abwehrrechte jedoch auch bei einer unterbliebenen Bekanntmachung der Genehmigung zu einem früheren Zeitpunkt verwirken. Insbesondere wenn von der Baugenehmigung Gebrauch gemacht und mit der Bauausführung begonnen wird, läuft der untätig bleibende Nachbar Gefahr, ihm gegebenenfalls zustehende Abwehrrechte zu verwirken.
Der Widerspruch und die Anfechtungsklage eines Nachbarn haben nach § 212a BauGB keine sog. „aufschiebende Wirkung“. Dies bedeutet, dass der Bauherr von der Genehmigung ungeachtet eines gegen die Genehmigung eingelegten Widerspruchs oder einer Klage Gebrauch machen kann. Besondere Bedeutung hat in einer solchen Konstellation deshalb der vorläufige Rechtsschutz. Der Nachbar kann bei der Bauaufsichtsbehörde die Aussetzung der Vollziehung nach § 80a Abs. 1 Nr. 2 VwGO und einstweilige Maßnahmen zur Sicherung seiner Rechte beantragen. Wird dieser Antrag abgelehnt, kann der Nachbar einen entsprechenden Antrag beim Verwaltungsgericht stellen. Zu beachten ist, dass sich der Nachbar nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg grundsätzlich nicht unmittelbar an das Gericht wenden darf. Der Antrag beim Verwaltungsgericht ist nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg vielmehr gemäß §§ 80a Abs. 3 S. 2, 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Bauaufsichtsbehörde einen Aussetzungsantrag des Nachbarn abgelehnt, in angemessener Frist ohne zureichenden Grund nicht beschieden oder der Bauherr mit der Bauausführung bereits begonnen hat.
Der Erfolg einer Nachbarklage und des vorläufigen Rechtsschutzes hängt insbesondere davon ab, ob der Nachbar in sog. „drittschützenden Rechten“ verletzt ist. Der Nachbar kann sich nämlich nur auf die Verletzung solcher Bestimmungen berufen, die (zumindest auch) seinem Schutz dienen. Der Prüfung der drittschützenden Normen – insbesondere der Grenzabstandsvorschriften – kommt deshalb eine erhebliche Bedeutung zu. Treffen in einem Bereich Wohnnutzungen und gewerbliche Nutzungen aufeinander, kommt regelmäßig auch den Lärm- und Geruchsauflagen eine besondere Bedeutung zu. Diese können im Einzelfall drittschützend sein, wenn sie zum Schutz der Nachbarschaft angeordnet wurden.
Hingewiesen sei im Zusammenhang mit den nachbarschützenden Regelungen noch darauf, dass bei der Überprüfung dieser Regelungen insbesondere darauf geachtet werden sollte, ob sie hinreichend bestimmt sind. In der Rechtsprechung wird nämlich davon ausgegangen, dass eine Baugenehmigung rechtswidrig ist und den Nachbarn in seinen Rechten verletzt, wenn die Bauvorlagen hinsichtlich der nachbarrelevanten Merkmale des Vorhabens zu unbestimmt sind. In diesem Sinne hat das OVG Lüneburg für Recht erkannt, dass eine Baugenehmigung gegen das Grenzabstandsrecht verstößt, wenn sich aus ihr nicht zweifelsfrei ableiten lässt, ob das Bauvorhaben den erforderlichen Abstand einhält (OVG Lüneburg, Beschl. v. 05.10.1994, 1 M 5589/94, BRS 56 Nr. 108). Sind das Störpotenzial einer baulichen Anlage und damit zugleich die Gebietsverträglichkeit unklar, kann hierin gleichermaßen eine Nachbarrechtsverletzung liegen (OVG Lüneburg, Beschl. v. 09.10.1995, 1 M 5017/95, ZfBR 1996, 171-172). Weicht der Bauherr in der Bauausführung hingegen von der Baugenehmigung ab, kann der Nachbar allenfalls einen Anspruch auf bauaufsichtliches Einschreiten geltend machen (§ 79 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 und Nr. 5 NBauO).
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